Dieser Beitrag wendet sich an IT-Professionals, die sich vom Business nicht verstanden und wertgeschätzt fühlen.
Warum Missverständnisse der Normalzustand sind
„Wir haben doch klar gesagt, was wir brauchen!“
„Die Anforderungen waren völlig unklar!“
Kommt dir das bekannt vor?
Wenn IT und Fachbereich zusammenarbeiten, entstehen Missverständnisse fast zwangsläufig – nicht, weil jemand unfähig ist, sondern weil beide Seiten unterschiedlich denken, sprechen und priorisieren.
Die IT denkt in Systemen, Prozessen und Features.
Der Fachbereich denkt in Zielen, Nutzen und Prozessen.
Beide Perspektiven sind wertvoll – aber solange sie nicht synchronisiert werden, entsteht Reibung.
Missverständnisse sind kein Zeichen von fehlendem guten Willen, sondern entstehen durch ungleiche Modelle der Realität.
Sie zeigen, dass jede Seite aus ihrem Kontext heraus logisch handelt – aber nicht im selben Bezugsrahmen.
⚠️ Die teuersten Missverständnisse in IT-Projekten
Kommunikationsprobleme sind kein Nebenschauplatz. Sie verursachen echte Verluste:
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Fehlinterpretierte Anforderungen: Eine technisch brillante Lösung geht am Bedarf vorbei.
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Unklare Prioritäten: Ressourcen fließen in Features ohne echten Nutzen.
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Unrealistische Erwartungen: Fachbereiche fordern Unerreichbares – weil niemand Möglichkeiten und Grenzen erklärt hat.
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Technische Schulden: Zeitdruck erzwingt Kompromisse, die später teuer werden.
Bis zu 70 % aller IT-Projekte scheitern ganz oder teilweise, so der Chaos-Report der Standish-Group. Ich wage zu behaupten: Es liegt fast immer an Kommunikationsproblemen.
Das richtige Mindset für erfolgreiche IT-Kommunikation
Akzeptiere Missverständnisse als Normalzustand
Wenn du davon ausgehst, dass du missverstanden wirst – und andere auch –, ändert sich dein Umgang sofort. Du reagierst nicht genervt, sondern beginnst, Kommunikation aktiv zu gestalten.
Verstehe IT und Fachbereiche als gleichwertige Partner
Die IT ist kein Zulieferer, sondern ein Mitgestalter der Organisation. Das ist eine Chance, beinhaltet aber auch eine Verantwortung für das Ganze.
Erfolg entsteht nur im Zusammenspiel: Fachbereiche bringen Kontext und Anforderungen, IT bringt Struktur und Machbarkeit.
Nur im Dialog auf Augenhöhe entsteht Innovation.
Denke in Wirkung statt in Features
Frag bei jeder Anforderung: Welches Problem lösen wir damit?
Diese Frage richtet den Fokus weg von Technik oder Fachlogik – hin zum gemeinsamen Ziel: Wert schaffen für das Ganze.
️ Vier Strategien, um Missverständnisse zu vermeiden
1. Aktives Zuhören
Zuhören heißt nicht warten, bis du wieder dran bist. Es heißt, zu verstehen, wie dein Gegenüber die Welt sieht.
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Paraphrasieren: „Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du …“
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Nachfragen: „Kannst du mir ein Beispiel geben?“
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Zusammenfassen: „Ich fasse kurz zusammen, was ich verstanden habe …“
So erkennst du Kommunikationsfehler, bevor sie sich festsetzen.
2. Veranschaulichung nutzen
Ein Bild ist die API zwischen zwei Denkwelten.
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Skizziere Prozesse oder Datenflüsse.
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Nutze Mockups oder Whiteboards.
Aber: Beharre nicht auf einer bestimmten Darstellungsform, sondern nutze alle Möglichkeiten, eine Anforderung zu erklären. User Stories sind eine Möglichkeit, aber bei weitem nicht die einzige und nicht immer die beste und im Detail selten ausreichend.
3. Die richtigen Fragen stellen
Die Qualität deiner Fragen bestimmt, wie gut du verstanden wirst.
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Vermeide Ja/Nein-Fragen.
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Frag nach dem Warum hinter Anforderungen.
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Bitte um Anwendungskontexte: „Wie würde ein Arbeitstag mit dieser Lösung aussehen?“
Gute Fragen sind wie Debugging – sie decken Logikfehler in der Kommunikation auf.
4. Engpassorientierte Kommunikation
Fokussiere dich auf die Stellen, an denen Kommunikation am häufigsten scheitert.
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Wo entstehen Missverständnisse immer wieder?
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Welche Schnittstellen sind kritisch?
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Wer redet über andere statt miteinander?
Kommunikation ist wie Systemoptimierung: Engpass bestimmt den Durchsatz.
Beispiel aus der Praxis: Das unscheinbare Dashboard
Die Fachabteilung fordert „ein einfaches Dashboard“.
Klingt eindeutig – bis die IT fragt:
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Welche Daten sollen angezeigt werden?
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Wie aktuell müssen sie sein?
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Wer nutzt das Dashboard – und warum?
Ohne diese Fragen entsteht zwar ein Ergebnis, aber keine Lösung.
Der Schlüssel: Strukturierte Anforderungsworkshops, in denen IT und Fachbereiche gemeinsam definieren, was wirklich gebraucht wird – mit Tools wie User Stories, Prozessmodellen oder Prototyping.
Die Rolle der Führung
Wenn du leitest, schaffst du den Rahmen für Verständigung.
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Etabliere Meetings, in denen Verstehen wichtiger ist als Status.
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Fördere Nachfragen statt Abwehr.
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Lass Kolleg:innen temporär in anderen Rollen arbeiten – gegenseitiges „Shadowing“ baut Mauern ab.
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Belohne gelungene Kooperation – nicht nur technische Brillanz.
Führung heißt, Verständigung zu ermöglichen, nicht sie zu verordnen.
FAQ: Kommunikation zwischen IT & Business
Wie erkenne ich früh Missverständnisse?
Achte auf vage Begriffe, unterschiedliche Definitionen, nonverbale Signale. Frag nach: „Verstehen wir das gleich?“
Was sind typische Übersetzungsprobleme?
IT spricht in Systemlogik, Fachbereiche in Prozesslogik. Ein gemeinsames Glossar bringt beide auf denselben Nenner.
Wie rede ich mit dem Management?
Sprich über Wirkung, Risiko und Nutzen – nicht über Technologie. Verwende Metaphern, die strategisches Denken ansprechen: „Hier liegt unser Engpass – hier entscheidet sich der Projekterfolg.“
Wie gehe ich mit unrealistischen Erwartungen um?
Kläre Möglichkeiten und Konsequenzen transparent. Klarheit ist keine Ablehnung, sondern ein Zeichen von Verantwortung.
Und agile Methoden?
Scrum & Co. verbessern Kommunikation – aber nur mit der Haltung, gemeinsam zu lernen. Ohne das passende Mindset bleibt jedes Framework leblos.
