in Kommunikation, Praxistipps

Wirkungsorientiertes Reporting – warum und wie?

„Wirklich ist, was B hört, nicht was A sagt.“ Angeblich stammt das von Paul Watzlawick, aber wie bei so vielen Aphorismen ist auch hier die Quelle unklar; ich konnte diesen Satz jedenfalls in keinem seiner Bücher finden, die ich für diesen Beitrag nochmals durchsucht habe. Am ehesten noch in Kapitel 1.64 seines Hauptwerkes „Menschliche Kommunikation“. Aber wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, denn es bringt auf den Punkt, dass nicht die Absicht, sondern die Wirkung von Informationen entscheidend ist. Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht, auch dieses häufig gebrauchte Bonmot weist in die gleiche Richtung.

Gerade in der technokratischen Welt des Projektmanagements ist diese Erkenntnis oft schwer zu vermitteln. Wenn ein Projektstatusbericht erstellt wird, so werden intensiv und akribisch die Daten zusammengetragen, aggregiert, visualisiert und präsentiert.

Oft sind solche Reports eine Pflichtübung ohne dass intensiv darüber nachgedacht wurde, was mit dem Bericht bewirkt werden soll. Dementsprechend ist oft auch die Aufmerksamkeit der Empfänger. Vorstände, die sich mit ihrem Handy beschäftigen, in Unterlagen blättern, zwischendurch zum Telefonieren hinausgehen (oder das gleich im Meeting erledigen) sind ein deutliches Zeichen dafür, dass hier etwas schief läuft.

Zentrales Thema jeder Berichtserstellung muss sein, was man von dem Empfängern dieses Berichtes erwartet. Will man ohnehin nur in Ruhe gelassen werden, dann sieht die Strategie anders aus als wenn man ganz konkrete Entscheidungen und Maßnahmen erzielen will.

Zunächst macht es einen grundlegenden Unterschied, ob man einen Schönwetter-Bericht abzugeben hat oder von Turbulenzen oder gar katastrophalen Entwicklungen zu berichten hat. Berichte in einer Projektphase wo alles läuft wie es soll sind natürlich die angenehmere Übung. Allerdings muss man bedenken, ob das so bleiben wird und ob man Gefahr läuft, dass Ressourcen zugunsten anderer Projekte in kritischem Zustand abgezogen werden.

Eine weitere generelle Frage ist die Unternehmenskultur des Umgangs mit Problemen. Oft ist ja schon allein das Wort Problem verpönt, erlaubt sind nur Herausforderungen und vielleicht sogar nur Lösungen. Die gleiche Formulierung kann daher völlig unterschiedliche Wirkung erzielen. Auch die Wahl der Ampelfarbe, die dominierende Form, den Projektstatus darzustellen, hat je nach Unternehmen oder oft sogar je Vorstandsbereich unterschiedliche Wirkungen. Werden Projekte nur ernst genommen, wenn viele Ampeln auf Gelb stehen und ist erst Rot ein Status, ab dem man sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt? Oder weckt bereits Gelb genügend Aufmerksamkeit? Löst Rot heftige Reaktionen aus, die vielleicht nicht hilfreich sind, um ein Problem zu lösen? Drei Ampelfarben sind recht wenig, um so vielschichtige Signale zu gestalten. Daher kommt es auch auf die Wortwahl an, mit denen man solche Statusmeldungen kommentiert.

Ausgehend von der gegebenen Unternehmenskultur ist der nächste Schritt die konkrete und aktuelle Zielgruppenanalyse. Wer sind die Berichtsempfänger: Welche Position haben sie im Unternehmen, welche Beziehung zum Projekt? Sind sie am Zustandekommen des Projektes aktiv beteiligt gewesen, wirken sie oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres Verantwortungsbereiches aktiv im Projekt mit oder sind sie weder als Initiator noch als Ausführende aktiv beteiligt? Waren Sie vielleicht dagegen, dieses Projekt zu starten? Daraus kann die Grundhaltung jedes einzelnen Berichtsempfängers abgeleitet werden: Wenn es schief läuft, inwiefern ist das mein Problem? Bin ich quasi Kunde, der nicht bekommt, was er bestellt hat oder bin ich Lieferant, der sich dafür rechtfertigen muss, nicht zu liefern? Jede Aussage zu den Ursachen von Problemen wird vor diesem Hintergrund interpretiert. Das gilt natürlich auch, wenn alles gut läuft mit umgekehrten Vorzeichen.

Nehmen wir ein Beispiel: „Die zur Verfügung stehenden Kapazitäten des Bereichs Accounting reichen nicht aus, um die Ergebnis- und Terminziele zu erreichen“. Was bewirkt diese Aussage bei verschiedenen Empfängern?

Der Verantwortliche des Bereichs Accounting will wissen, ob man ihm damit vorwirft, die geplanten und vereinbarten Kapazitäten nicht zur Verfügung zu stellen? Oder hat die Projektleitung den Aufwand unterschätzt und es wird damit ein Wunsch nach zusätzlichen Kapazitäten artikuliert. Es kommt auf den Kontext und seine generelle Verhaltenstendenz an, ob er nachfragt, wie diese Aussage zu verstehen sei oder eine der beiden Deutungen unterstellt und dann gleich entsprechend reagiert: also entweder mit Abwehr, oder neutral mit der Frage, um welche und wie viele Kapazitäten es geht oder mit einem Gegenangriff auf die mangelhafte Planung und die dafür Verantwortlichen.

Verantwortliche anderer Bereiche stellen sich die gleiche Frage, allerdings mit anderen Zugängen. Zunächst wollen sie wissen, ob das nur ein Problem des Bereichs Accounting ist oder auch sie bereits betrifft oder demnächst betreffen könnte. Je nach der Beziehung mit dem Kollegen des Accounting wird die Aussage mit Bedauern und der Frage nach möglicher Unterstützung aufgenommen oder aber mit Befriedigung, weil endlich aufgezeigt wird, dass dieser Bereich die übernommenen Verpflichtungen im Projekt – vielleicht noch dazu zu Lasten eines anderen Bereiches – nicht erfüllt.

Wir wissen nicht, was der Projektleiter gemeint hat, als er diese Formulierung wählte. Im Idealfall war er sich der damit ausgelösten Dynamik bewusst und es gibt einen zweiten Satz, den wir hier nicht zitiert haben, durch den die Deutungsmöglichkeiten eingeengt werden. Nach solchen wirkungsorientierten Aussagen zu suchen, mehr noch als nach den richtigen Zahlen bis zur zweiten Nachkommastelle, das ist meine Empfehlung an alle Projektleiterinnen und Projektleiter.

Allerdings wird das nie ganz gelingen! Wenn daher trotz einer prospektiven Wirkungsanalyse und eine darauf abgestimmte Berichtsgestaltung überraschende Reaktionen auftreten, dann sollte man dafür gerüstet sein, die Zielgruppenanalyse rasch nachzuholen und entsprechend zu reagieren. Mit dem Nachliefern von Detaildaten wird man das gewünschte Ergebnis nicht erreichen.

Wenn wir bei obigem Beispiel bleiben: „Wir benötigen mehr Ressourcen aus dem Bereich Accounting als geplant“ wäre schon wesentlich klarer. Oder auch, wenn es so gemeint ist: „Die angeforderten Ressourcen aus dem Bereich Accounting stehen noch nicht in vollem Ausmaß zur Verfügung“. Bleibt immer noch einiges an Interpretationsspielraum, aber es zielt schon deutlich besser auf die gewünschte Wirkung.

 

 

 

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