in Engpassorientiertes Projektmanagement, Methoden, Modelle, Planung

Ziele, Rahmenbedingungen und Maßnahmen unterscheiden

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Für den Umgang mit komplexen Situationen (und Projekte sind immer komplex) benötigen wir Modelle, die unsere Aufmerksamkeit auf die relevanten Aspekte der Situation lenken, die wir zu bewältigen haben. Modelle sind immer Vereinfachungen, sonst wären sie ohne Nutzen, es kommt allerdings darauf an, dass die Vereinfachung zweckmäßig im Sinne der Ziele ist.

Ein wichtiges Modell ist die Unterscheidung von Zielen, Rahmenbedingungen und Maßnahmen.

Ziele sind jene Merkmale, die z.B. das Projektergebnis aufweisen soll, wenn es das Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde. Dabei geht es typischerweise um das sogenannte magische Dreieck des Projektmanagements, nämlich Ergebnis, Termin und Aufwand.

Maßnahmen sind jene Handlungsmöglichkeiten, für die sich z.B. der Projektleiter, ein bestimmtes Teammitglied oder auch der Projektauftraggeber entscheiden kann bzw. tatsächlich entscheidet.

Rahmenbedingungen sind jene Gegebenheiten, die in der gegebenen Situation entweder nicht beeinflusst werden können oder sollen, die jedoch für die Erreichung der gesetzten Ziele von Bedeutung sind. Sie beeinflussen also die Zielwirksamkeit von Maßnahmen. Die Rahmenbedingungen sind das Umgebungsgerüst bei der Projektplanung bzw. der Durchführung eines Projektes. Es sind – so sagen manche – Projektbeschränkungen.

Zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen Zielen und Maßnahmen könnte man sagen:

  • Ziele sind Aussagen darüber, welche Probleme gelöst werden sollen.
  • Maßnahmen sind mögliche Lösungswege für diese Probleme.

Diese Unterscheidung ist allerdings nicht allgemeingültig, sondern ist für jede Person oder Organisationseinheit unterschiedlich; es ist offensichtlich, dass der Projektauftraggeber Handlungsoptionen hat, die für den Projektleiter zu Rahmenbedingungen werden. Das Herbeiführen solcher Maßnahmen ist für den Projektleiter ein Ziel, das er z.B. durch Informationen und Argumente als Maßnahme herbeizuführen sucht.

Die Unterscheidung hängt von der handelnden Person ab

In jeder Situation und insbesondere in einer kritischen Projektsituation sollte man klar auseinander halten, was das Ziel (Problem) und was die als zweckmäßig angesehene Maßnahme (Lösung) ist. Wenn eine Lösung nicht das erhoffte Resultat bringt, wird man andere Lösungen suchen müssen, jedoch nicht das Problem gegen ein anderes austauschen können.

Ziele und Rahmenbedingungen sind also im Vergleich zu den Maßnahmen weniger variabel: Die Rahmenbedingungen, weil sie außerhalb der Ein­flussmöglichkeiten der handelnden Person liegen; die Ziele, weil sie den eigentlichen Zweck des Handelns (deren „ultima ratio“) be­inhalten. Maßnahmen hingegen sind in hohem Maße austauschbar. Wenn es verschiedene Lösungswege gibt, um ein Ziel zu erreichen, wird man jenen wählen, der unter den gegebenen Rahmenbedingungen am sichersten und mit dem geringsten Aufwand zum Ziel führt. Eine Vermischung von Zielen und Maßnahmen hingegen führt dazu, dass Maß­nahmen zum Selbstzweck werden. Z.B. werden oft einem Projekt Termine vorgegeben, ohne geeignete Maßnahmen zu definieren, die die Terminerreichung unter den gegebenen Rahmenbedingungen ermöglichen.

Es ist auch eine zulässige Maßnahme, den Termin zu verschieben, das Budget zu erhöhen und die Ergebniserwartungen zu reduzieren, es muss nur klar sein, wer diese Maßnahmen als sinnvoll oder notwendig erkennen, aber nur durch Beeinflussung anderer (in diesem Fall wohl des Projektauftraggebers) tatsächlich umsetzen kann. Die Maßnahme des Projektleiters ist also in diesem Fall, in den dafür zuständigen Projektgremien eine solche Maßnahme durchzusetzen.

Daran erkennt man aber auch, dass ein Faktor, der bisher als Rahmenbedingung galt (Ergebnis, Termin, Budget) zum Gegenstand einer Maßnahme werden kann, die das Ziel hat, diese Rahmenbedingung zu verändern. Die Festlegung und Überprüfung der Projektrahmenbedingungen ist daher eine für den Erfolg unverzichtbare und immer wieder durchzuführende Maßnahme.

Context counts – es kommt auf die konkrete Situation an

Das klingt wahrscheinlich reichlich theoretisch, ist aber in der Praxis von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Nur wenn ich in jeder Situation klar sehe, was meine Ziele, was meine Rahmenbedingungen und was meine Handlungsoptionen (also mögliche Maßnahmen) sind, werde ich es schaffen, rasch herauszufinden, was ich jetzt tun kann, um ein Projekt zum Erfolg zu führen.

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Auf Grundlage dieser Art des Denkens manage ich meine Projekte. Was daraus konkret folgt, ist in meinem Buch anhand von mehr als 20 Fallbeispielen und ganz konkreten Empfehlungen zu Risiken und Erfolgsfaktoren des Managements von IT-Projekten beschrieben.

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Bild: art3d

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Kommentar

  1. Wow, ich bin äußerst überrascht über diesen Beitrag, der mit großen Tiefgang und Erfahrung exzellent die Abhängigkeiten in komplexen Systemen (Projekten) darstellt. Gratulation Herr Dr. Friedrich und Danke für diese umsichtigen Weitblick, den Sie uns Lesern dadurch an Erfahrungsschatz gewinnen lassen. Mit besten Grüßen, Juergen Ivanis